In der Wirkstatt zählt jede Idee

Zwischen Mittagessen und Ausschusssitzungen konnten die Mitglieder der Landessynode jeden Tag über die Kirche der Zukunft ins Gespräch kommen. In der „Wirkstatt“ waren Gedankenspiele ausdrücklich erwünscht.

Die „Wirkstatt“ ist nicht zu verfehlen. Neonorangene Pfeile und Poster weisen auf der Landessynode den Weg in den ersten Stock des Tagungshotels. Hier ist ein Ort entstanden, um in einem neuen Format ins Gespräch zu kommen – entweder in spontanen Sitzgruppen am Rande der Synode oder zum täglichen Mittagstalk. „Es ist ein Versuch, um noch mal in einem ganz anderen Rahmen Ideen auszutauschen“, sagt Maren Kockskämper, in deren Aufgabenfeld „Strategische Innovation“ das Projekt auf den Weg gebracht worden ist.

Schon zum ersten Mittagstalk ist es voll geworden

Am Montag blickt sie noch etwas unsicher in den Wintergarten des Tagungshotels, in dem ihr Team Gesprächstische und Fragekärtchen, große Neonplakate und kleine Konzentrationsspiele zwischen den Kaffeetassen vorbereitet hat. „Mal sehen, ob sich die Menschen auf das Format einlassen“, sagt Maren Kockskämper. Schon wenige Minuten später sind die Bedenken vom Tisch. Denn schon zum ersten Mittagstalk ist es voll geworden. Erfahrene Synodale sind gekommen. Studierende, die zum ersten Mal als Delegierte an der Synode teilnehmen, haben sich genauso auf den Weg gemacht. „Mixed Ecology Church“ steht auf dem Themenplan: das gleichwertige Miteinander unterschiedlicher Formen gemeindlichen Lebens.

Beim Mittagstalk in der Wirkstatt konnten Synodale Ideen austauschen.

 

Als Kirche wie ein Mischwald sein

Was anfangs für den ein oder anderen noch etwas sperrig klingt, bekommt mit Pfarrer Birger Falcke dann ein Gesicht. „Lassen wir uns als Kirche von Mischwald inspirieren“, ermutigt er. Es gehe nicht darum, eine neue Norm zu schaffen. „Es geht um Ermöglichung, um einen Kulturwandel, um das Ende der Ortsgemeinde als alleinige Norm“, sagt Birger Falcke. Und dann lädt er die Besucherinnen und Besucher der „Wirkstatt“ ein, ihre Ideen sprudeln zu lassen – in kleinen Stehtischgruppen, die sich ohne große Probleme zusammenfinden. In einer dieser kleinen Gruppen kommen Christiane Köckler, Ulrich Hamacher und Johann Alexander Kleinschmidt zusammen. Zwischen den drei spontan zusammengewürfelten Synodalen herrscht keine Sekunde Schweigen.

Lernen, den Menschen entgegenzukommen

„Es wird vor allem um Finanzierungsmöglichkeiten gehen“, sagt Christiane Köckler mit Blick auf neue Gemeindeformen. „Wir werden lernen müssen, den Menschen entgegenzukommen“, ist sich die Vorsitzende des Ausschusses für Kirchenordnung und Rechtsfragen sicher. Johann Alexander Kleinschmidt nickt. Der Jurastudent ist zum ersten Mal als Synodaler im Einsatz. Er erzählt von seiner engen Bindung an die Studierendengemeinde. Die Statistik führt ihn aber in seiner Heimatgemeinde. „Da müssen wir andere Wege finden“, sagt er. Und er weiß auch: „Wir jungen Menschen haben andere Bedürfnisse, andere Fragen als Menschen, die in ihrem Leben schon viele Jahrzehnte weiter sind.“ Auch Ulrich Hamacher macht sich nicht zum ersten Mal Gedanken um die Möglichkeiten eines „Mischwaldes“ in der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Wir müssen dann auch die Strukturen schaffen“, sagt er und denkt an echte Teilhabe. Statt paralleler Strukturen müsse eine gute Vernetzung stattfinden.

„Jetzt hat der Aufbruch begonnen“

Die drei sind noch rege im Gespräch als Birger Falcke die Besucher der „Wirkstatt“ nach ein paar Minuten wieder zusammenholt. Er sammelt die Ideen ein: Kommen Gemeinden ohne Pfarrperson aus? Ist eine synodale Gleichberechtigung möglich? Wird es realisierbar sein, dass die einen Macht abgeben und andere sie annehmen? Am Ende stehen vor allem viele Fragen auf der großen Ideenwand. „Wir suchen noch nach Antworten, wir sind in einem Prozess“, fast Birger Falcke zusammen. Aber genau dieser Prozess sei schon sehr wertvoll, sind sich Christiane Köckler und Johann Alexander Kleinschmidt einig. „Es sieht für mich wirklich so aus, als würden wir hier gerade etwas schaffen“, sagt der Jura-Student und freut sich über das neue offene Format der „Wirkstatt“. Und auch Christiane Köckler nimmt Veränderung war: „Wir sind da lange auf der Stelle getreten. Aber jetzt hat der Aufbruch begonnen.“ Seit der Synode 2023 habe sich dieser Geist der Veränderung lebendig gehalten. „Es ist schön, dass wir hier in der Wirkstatt jetzt daran anknüpfen“, sagt sie, „ganz kreativ und ohne den Arbeitsdruck, den wir in den Ausschüssen oft haben.“ Zur Kreativität der „Wirkstatt“ gehören übrigens auch kleine Gesprächsecken, die für das Zuhören schulen oder dazu einladen, Gedanken auf Postkarten zu notieren und in eine Briefekiste zu werfen oder kleine Umfragen, an denen die Synodalen mit neonfarbenen Tischtennisbällen im Vorbeigehen teilnehmen können.

„Dieses Brizzeln ist spürbar: Wir wollen!“

Als sich die „Wirkstatt“-Besucher langsam auf den Weg in ihre Ausschüsse machen, blickt Maren Kockskämper zufrieden auf die volle Ideenwand. „Es gelingt“, sagt sie beschwingt, „wir sprechen mal in einem ganz anderen Rahmen über ganz entscheidende Themen.“ Mitgliederkommunikation, Leitungsformen der Zukunft und die Verwaltung 2.0 rücken beim Mittagstalk der Synode ebenfalls in den Fokus. „Dieses Brizzeln ist spürbar: Wir wollen!“, sagt Oberkirchenrätin Dr. Wibke Janssen, Leiterin der Abteilung Theologie und Ökumene. In der „Wirkstatt“ könnten ohne Zeitdruck, ohne Hierarchien und ohne Entscheidungsdruck Ideen beraten werden. „Die Transformation hat begonnen“, sagt sie zufrieden und schaut sich dann an der Ideenwand der Wirkstatt um.

  • 06.02.2025
  • Theresa Demski
  • EKiR/Meike Böschemeyer