Wir müssen proaktiv für unsere Demokratie einstehen!

Eintreten für Menschenwürde und freiheitliche demokratische Werte sowie Raum für Austausch schaffen, mit diesem Ziel hat sich ein ökumenisches Bündnis in Bonn zusammengeschlossen und die Veranstaltungsreihe „Haltung zeigen!“ ins Leben gerufen. Bischof i.R. Dr. Dr. h.c. Markus Dröge eröffnete die Reihe am 20. Februar 2025 mit einem eindrücklichen Vortrag zum Thema „Der Beitrag der Kirche zu einer wehrhaften Demokratie“. Seine Botschaft: Demokratie muss wieder lebendig erlebbar werden!

„Unsere Welt hat sich in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren dramatisch verändert.“ Mit diesen Worten beginnt Markus Dröge, Theologe und Bischof iR der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), seinen Vortrag zum Beitrag der Kirche zu einer wehrhaften Demokratie. Nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Welt lasse sich erleben, wie nationale Narrative und radikale Ansichten sich verbinden und mächtige Kräfte sich über geltendes Recht hinwegsetzen, um ihre Interessen durchzusetzen.

Blick ins Publikum bei der Veranstaltung „Haltung Zeigen“. (c) Sara Bahadori
(c) Sara Bahadori

Unsere Demokratie ist gefährdet

Das Gefühl dramatischer Veränderung kennen auch die 75 Teilnehmenden, die sich zum Auftaktworkshop eingefunden haben. Bereits vor dem Vortrag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich im Gespräch und an Stellwänden zu unterschiedlichen Aspekten des Themas auszutauschen. Als „entgleitende Gesellschaft“ wird das Gefühl dort beschrieben. Die Sorge vor zunehmender Spaltung und erstarkendem Rechtsradikalismus spielt dabei für viele der Teilnehmenden eine entscheidende Rolle.

Wie kann und wird sich die Kirche in dieser Zeit positionieren? Diese Frage begleitet nicht nur die Veranstaltungsreihe und den Eröffnungsvortrag, sondern prägte auch die Jahre, in denen Markus Dröge als Bischof der EKBO mit dem erstarkenden Rechtspopulismus konfrontiert war. Vor diesem Hintergrund reflektierte der interessierte Teilnehmende über seine Erfahrungen aus einer ostdeutschen Kirche.

Dass unsere Demokratie durch Rechtspopulismus und Rechtsextremismus gefährdet ist, lasse sich heute nicht mehr übersehen oder beschwichtigen, davon ist Markus Dröge überzeugt. Im Osten Deutschlands sei dies schon vor einigen Jahren spürbar gewesen. So muss sich die EKBO bereits seit über zehn Jahren mit neu-rechten Ideologien und Bewegungen auseinandersetzen. Dabei werden sie in unterschiedlichen Dimensionen gefordert: theologisch, juristisch, kirchenleitend und gesellschaftspolitisch.

Blick ins Publikum bei der Veranstaltung „Haltung Zeigen“. (c) Sara Bahadori
(c) Sara Bahadori

Es geht um die Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaft.
In der theologischen Auseinandersetzung mit der neovölkischen Ideologie wird schnell deutlich, dass der Kontrast zwischen dieser und dem, wofür der christliche Glaube steht, nicht größer sein könnte, Dröge ausführlich beschreibt und nennt als eines von vielen Beispielen, dass eine völkische Ideologie der Götterbildlichkeit aller Menschen zutiefst widerspricht.

Die AfD verfolge das Ziel, unsere freie und demokratische Gesellschaft gegen den Geist des Grundgesetzes autoritär und völkisch umzugestalten, fasst Dröge es am Ende der Betrachtung zusammen. Dagegen gelte es sich zu wehren: „Wenn wir Christen uns für eine wehrhafte Demokratie einsetzen, auch eine Demokratie, die sich aktiv dagegen wehren, dass sie von innen heraus ausgehöhlt und geschwächt wird, dann tun wir dies nicht, weil wir Parteipolitik betreiben, sondern weil wir die humanen Werte verteidigen, die allein die Würde des Menschen bewahren können, und weil wir eine Lerngeschichte zu verteidigen haben, die unsere Kirche und unsere Gesellschaft seit 1945 erlebt hat.“

Blick ins Publikum bei der Veranstaltung „Haltung Zeigen“. (c) Sara Bahadori
(c) Sara Bahadori

Laut, deutlich und theologisch Position beziehen
Es gelte der Situation ins Auge zu schauen und Dinge klar zu benennen, unterstreicht Dröge und nennt eine Erklärung der deutschen katholischen Bischöfe vom Februar 2022 als Beispiel großer Klarheit, das die Unvereinbarkeit des christlichen Gottes- und Menschenbildes mit völkischem Nationalismus benennen.

Kirche soll keine Politik machen, aber Politik möglich machen – dieses Diktum bedeutet für Markus Dröge heute, klare Stellung zu beziehen: Denn die Grundlagen, die die Voraussetzungen bieten, eine Politik zu machen, die Menschenwürde achtet, würde von extremen Kräften bedroht.

Das erfordere insbesondere in Ostdeutschland Bekennermut, wie Markus Dröge selbst und von Mitarbeitenden vor Ort weiß und was er unter anderem am Beispiel von Unvereinbarkeitsbeschlüssen zu AfD-Mitgliedschaft und Kirchenamt in den ostdeutschen Landeskirchen deutlich macht.

Die Unterstützung anderer Kirchen sei dabei wichtig. Mit Blick auf die Rheinische Landeskirche in ihrer Tradition der Barmer Theologischen Erklärung appelliert Markus Dröge, noch deutlicher, überzeugter und kämpferischer als bisher, theologisch hörbar zu werden, um sich von Menschenfeindlichkeit und völkischer Unterwanderung abzugrenzen.

Werte erlebbar machen
Doch für kann es nicht bei Abgrenzung bleiben. So müssten die Kirchen auch aktiv daran mitarbeiten, dass Demokratie lebendig bleibt und ihre Werte erlebbar machen. Um zu zeigen, was die christlichen Kirchen dafür tun können, gibt er den Teilnehmenden zum Abschluss des Vortrags sechs Beispiele an die Hand.

Für den Bischof iR braucht es in der Kirche

  • mutige und öffentliche Stimmen, die sich gegen Menschenverachtung stellen.
  • Die Pflege und Vernetzung von präsentischen Orten, an denen der offene Diskurs kontrovers, aber kompromissbereit ausgetragen werden kann.
  • Bildungsarbeit, die deutlich auf die Werte des Grundgesetzes hinweist und Diskurs und Lösungsfindung erlebbar macht.
  • Demonstrationen, die öffentlich eine Gegen-Aufmerksamkeit zum Radikalen schaffen und Menschen zeigen, dass sie nicht allein sind.
  • vertrauensvolle Netzwerke mit kirchlichen und säkularen Partnern.
  • eine Europaarbeit, die auch stark nach Osteuropa blickt.

Zum Ende wird Markus Dröge noch einmal deutlich. In der kommenden Zeit, so befürchtet er, gelte es, mit dem rechten Netzwerk leben zu lernen. Zwar sei er vom Glauben überzeugt, dass ein System, das auf Hass ruhe, keine dauerhafte Zukunft habe, doch bis zum Zusammenfall dieses Machtsystems gelte es, die destruktiven Kräfte bestmöglich einzuhegen. Das bedeute, proaktiv für unsere Demokratie einzustehen. Denn, und damit endete Markus Dröge: „Das beste Gegenmittel gegen Werteverlust, gegen das Schwinden von Solidarität und gegen Zukunftsangst ist eine lebendige Demokratie, die von der Überzeugung und der Mitverantwortung vieler Bürgerinnen und Bürger lebt.“

Engagierte Teilnehmende und viele Ansatzpunkte
Im Anschluss an den Vortrag diskutierten die Teilnehmenden miteinander und mit Markus Dröge. Wie werden unsere Positionen in der Gesellschaft hörbarer? Wie können wir junge Generationen erreichen? Welchen Umgang finden wir mit Christinnen und Christen, die sich öffnen für die Politik und das Gedankengut der erstarkenden Rechte? Das waren nur einige der Fragen, die in den kommenden Veranstaltungen der Reihe „Haltung zeigen!“ wieder eine Rolle spielen werden.

Denn bereits im April und im Mai stehen weitere Termine an. Am 2. April gibt es Kommunikationstrainings, um zu lernen, sich nicht von populistischen Argumenten treiben zu lassen. Gute Beispiele von gemeinschaftlichen Initiativen für ein tolerantes Miteinander werden dann bei der Netzwerkveranstaltung „Was tun für Zusammenhalt?“ am 14. Mai präsentiert.

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie hier.

Die Veranstaltungsreihe „ Haltung Zeigen!“ „ ist eine Kooperation von

Die Reihe wird gefördert durch die Kollekte der Evangelischen Kirche im Rheinland.

  • 12.03.2025
  • Till Kiehne
  • Red